Virusinfektion erhöht Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko

Virusinfektion erhöht Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko

Virusinfektionen wie Grippe oder COVID-19 können das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich erhöhen. Neue Studiendaten zeigen: Besonders in den ersten Wochen nach der Infektion ist Vorsicht geboten.

Viren bedrohen Herz und Hirn - direkt und indirekt

Eine große Analyse von insgesamt 155 hochwertigen Studien hat ergeben, dass bestimmte virale Infekte – sowohl akute (kurzfristige) als auch chronische (langfristige) – das Risiko für Herz‑Kreislauf­erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich erhöhen können. 
Die Studie wurde im Fachjournal Journal of the American Heart Association (JAHA) publiziert. 

Was wurde genau gefunden?

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Nach einer bestätigten Grippeinfektion:
    Im ersten Monat ist das Risiko für einen Herzinfarkt bis etwa 4‑fach erhöht und das Risiko für einen Schlaganfall bis etwa 5‑fach im Vergleich zu Zeiten ohne Infektion. 
    Besonders in den ersten 7 Tagen war das Risiko für Herzinfarkt sehr stark erhöht (IRR ≈ 7,20). 

  • Nach einer Infektion mit COVID‑19 (SARS‑CoV‑2):
    Im Zeitraum der ersten 14 Wochen nach Infektion war das Risiko für Herzinfarkt etwa 3‑fach höher, ebenso das Schlaganfallrisiko. Das Risiko bleibt zum Teil bis zu einem Jahr erhöht.
    Langfristig war das Risiko für Herz‑Kreislauf­erkrankungen wie koronare Herzkrankheit (KHK) um ca. 74 % erhöht, das Schlaganfallrisiko um ca. 69 %. 

  • Bei chronischen viralen Infektionen:

    • Bei HIV‑Infektion: +60 % Risiko für Herzkrankheit, +45 % Risiko für Schlaganfall.

    • Bei Hepatitis C: ca. +27 % Risiko für Herzkrankheit, +23 % für Schlaganfall. 

    • Bei Herpes zoster (Gürtelrose): +12 % Risiko für Herzkrankheit, +18 % Risiko für Schlaganfall. 

Was bedeutet das für  unsere Patient:innen?

  1. Verstärkte Aufmerksamkeit nach einer Virusinfektion
    Wer kürzlich eine Grippe, COVID‑19 oder eine andere relevante Virusinfektion hatte, sollte sich bewusst sein: Für einige Wochen bis Monate kann das Risiko für Herz‑ und Gefäßereignisse erhöht sein.

  2. Risikogruppen haben besonderen Fokus
    Wenn Sie bereits eine Herz‑Kreislauf­erkrankung haben oder Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Diabetes oder Rauchen bestehen — dann sollten Sie nach einer Virusinfektion besonders achtsam sein und ggf. mit Ihrem Haus‑ oder Facharzt Rücksprache halten.

  3. Prävention ist zentral
    Die Studie betont ausdrücklich, dass Vorbeugung von Virusinfektionen – z. B. durch Impfungen (gegen Grippe, COVID, Gürtelrose) – möglicherweise auch das Risiko für Herz‑Kreislauf­erkrankungen senken kann. 

  4. Nicht jeder Infekt bedeutet automatisch Herz‑Schaden
    Wichtig: Dieses Ergebnis heißt nicht, dass jede Virusinfektion zwangsläufig einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursacht. Es handelt sich um eine statistische Risikoerhöhung auf Bevölkerungs­ebene. Individuell hängt vieles ab von Ihrem Gesamt­risko.

Mögliche Mechanismen (vereinfachte Erklärung)

  • Virale Infektionen können eine Entzündungsreaktion im Körper auslösen. Diese Entzündung kann dazu führen, dass sich Plaques in den Gefäßen destabilisieren oder Blutgefäße geschädigt werden.

  • Zudem kann die Infektion Blutgerinnungs­prozesse aktivieren und das Gefäßsystem stärker belasten. Dadurch erhöht sich das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall. 

Grenzen der Studie / wichtige Hinweise

  • Es handelt sich überwiegend um Beobachtungs­studien (systematische Übersicht und Meta‑Analyse). Ein endgültiger kausaler Nachweis ist damit nicht gegeben.

  • In vielen Studien wurden nicht alle möglichen Einflussfaktoren (z. B. Begleiterkrankungen, Lebensstil, Impfstatus) gleich berücksichtigt.

  • Manche Viren wurden weniger gut untersucht (z. B. Herpes simplex, Cytomegalovirus), hier sind die Daten noch begrenzt.

  • Die Zeiträume‑Angaben (wann das Risiko besonders hoch ist) variieren je nach Studie.

Konkrete Empfehlungen aus ärztlicher Sicht

  • Wenn Sie eine Virusinfektion durchgemacht haben, insbesondere mit bekannten Risikofaktoren, besprechen Sie mit Ihrem Arzt: Sollten zusätzliche Kontrollen erfolgen? (z. B. EKG, Laborwerte, Herz‑Kreislauf‑Check)

  • Stellen Sie sicher, dass Ihre Herz‑Kreislauf‑Risikofaktoren optimiert sind: Blutdruck im Ziel, Cholesterinwerte möglichst im grünen Bereich, Rauchstopp, regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung.

  • Prüfen Sie Ihren Impfstatus: Ist eine Grippe‑, COVID‑ oder Gürtelrose‑Impfung geplant oder nachgeholt? Dies kann ein guter Baustein der Prävention sein.

  • Achten Sie nach einer Infektion auf Symptome wie ungewöhnliche Atemnot, Brust‑/Herzschmerzen, Herzstolpern oder neurologische Ausfälle — und suchen Sie ggf. sofort ärztliche Hilfe.

 

FAQ – häufig gestellte Fragen

 

Bedeutet eine Grippe automatisch ein stark erhöhtes Herzinfarktrisiko?
Nicht automatisch – aber die Forschung zeigt, dass im Zeitraum nach einer Grippeinfektion das Risiko deutlich erhöht sein kann (z. B. bis 4‑fach). Deshalb gilt: Risikofaktoren optimieren und bei Symptomen aufmerksam sein. Oder umgekehrt: Hier erklärt sich auch, dass bei Vorerkrankungen wie Artherosklerose, Herzinfarkten in der Familie oder hohem Cholesterin viele Impfungen besonders empfohlen werden. 

Gilt das auch für COVID‑19?
Ja – nach COVID‑19 besteht ebenfalls eine Risikoerhöhung für Herz‑ und Gefäßereignisse, insbesondere in den ersten Monaten. Das Risiko bleibt bei manchen Personen auch länger erhöht. 

Welche Virusinfektionen sind besonders relevant?
Die Datenlage ist am stärksten bei Influenza (Grippe) und COVID‑19. Aber auch chronische Infektionen wie HIV, Hepatitis C und Gürtelrose (Herpes zoster) zeigen eine erhöhte langfristige Risiko­bilanz. 

Was kann ich konkret tun, um das Risiko zu senken?

  • Impfungen (Grippe, COVID, Gürtelrose) prüfen.

  • Herzkreislauf‑Risikofaktoren optimieren (Blutdruck, Cholesterin, Diabetes, Rauchen).

  • Nach Infektion aufmerksam sein auf Beschwerden und ggf. Arztkontakt.

  • Guter allgemeiner Gesundheitszustand: Bewegung, gute Ernährung, Gewicht im Zielbereich.

Sollte ich nach einer Virusinfektion automatisch ein Herz‑Screening machen lassen?
Das hängt vom individuellen Risiko ab. Wenn Sie bereits eine Herz‑Kreislauf­erkrankung oder mehrere Risikofaktoren haben, ist eine ärztliche Bewertung und ggf. eine Nachkontrolle sinnvoll. In jedem Fall gilt: Im Zweifel mit dem Haus‑ oder Kardiologen sprechen.

 

Fazit

Die neue Untersuchung zeigt eindrucksvoll: Virusinfektionen sind nicht nur akute Gesundheitsereignisse, sondern können – zumindest bei bestimmten Viren und bei bestimmten Personen – das Risiko für Herz‑ und Gefäßkrankheiten erhöhen. Für Sie als Patient bzw. Patientin heißt das vor allem: Risikofaktoren beachten, Impfstatus prüfen, nach Infektionen nicht einfach „weiter machen“, sondern bei Bedarf ärztliche Hilfe einholen. Prävention bleibt der Schlüssel.